Eine Futurespective mit der Zukunftszeitung

Thilko Richter // Fri Jan 15 2021

In einer Futurespektive richten wir den Blick - anders als bei der Retrospektive - in die Zukunft. Es ist damit ein gutes Format, um mit dem Team an einer gemeinsamen Vision zu arbeiten.

Ich möchte in diesem Artikel die “Zukunftszeitung” als Moderationstechnik vorstellen. Dabei habe ich verschiedene Moderationsformate aus den Liberating Structures mit der zirkluären Sichtweise kombiniert.

Ziel

Gemeinsames Bild der Vision erarbeiten und eine lösungsorientierte Sichtweise auf die Zukunft entwickeln.

Ablauf

  1. Ankommen
  2. Einleitung
  3. Start der Zeitreise
  4. Die Zukunftszeitung
  5. Das Gespräch am Kiosk
  6. Die Rückkehr
  7. Reflektion
  8. Abschluss

Einleitung

Bereite die Teilnehmer mental auf den Perspektivwechsel vor. Heute richtet die Gruppe den Fokus auf die Zukunft und nicht, wie sonst in der Retrospektive üblich, auf die Vergangenheit. Es lohnt sich diesen Aspekt besonders zu betonen.

Start der Zeitreise

Es geht los, wir starten die Zeitreise. Versetze die Teilnehmer in die Zukunft! Das ist wichtig, da die Teilnehmer sich gedanklich in die Zukunft begeben und sich auch so fühlen sollen. Als Verstärkung habe ich noch mit den Worten “Doc Brown nimmt uns mit auf eine Reise in die Zukunft” ein Bild von “Zurück in die Zukunft” gezeigt.

Die Zukunftszeitung

Die Teilnehmer nehmen nun die Rolle eines Journalisten ein, die einen Artikel über das Team(oder auch Produkt) schreiben sollen. Die Journalisten haben von einem überaus erfolgreichen Team erfahren und er möchte eine Artikel darüber in der nächsten Ausgabe verfassen. Die Länge des Artikels, als auch die Art (Kolumne, Kommentar oder Karrikatur) spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist nur, dass es von dritten Personen verstanden werden kann.

Die Teilnehmer sehen also durch die Rolle des imaginären Journalisten das eigene Team. Die zirkuläre Sichtweise hilft, eine Außenpersepektive zu erlangen und damit die eigenen Situation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Macht den Teilnehmern an dieser Stelle noch klar, dass das Interview in der Zukunft stattfindet.

Als Moderator gibt Du den Teilnehmern nun 15 Minuten Zeit einen Artikel in der Zukunft über das Team und das Produkt zu schreiben. (Danke an Joshua für die Freigabe seines Artikels) Um den Teilnehmern einen Rahmen zu geben, sollte der Zeitungsartikel folgenden Fragen beantworten:

  • Welches Problem löst Euer Produkt?
  • Was macht Euer Produkt so erfolgreich?
  • Welche Rahmenbedingen haben dazu beigetragen?
  • Welche Schwierigkeiten gab es am Anfang und welche Fähigkeiten haben Euch geholfen sie zu überwinden?

Natürlich könnt Ihr hier kreativ werden und eigene Fragen entwickeln. Gut geeignet sind offene und ressourcenorienterte Fragen.

Das Gespräch am Zeitungskiosk

Haben alle Ihren Artikel geschrieben kommt nun der spannende Teil. Die Artikel werden veröffentlicht! Die Teilnehmer nehmen dazu die Rolle eines Passanten ein, der sich zufällig vor einem Kiosk mit einem anderen Kollegen trifft und sich über einen Artikel austauscht.

Ein stiller Beobachter belauscht dabei das Gespräch und schreibt die wichtigsten Erkenntnisse mit. Damit der Fokus klar auf dem Gespräch der fiktiven Passanten gerichtet ist, sollten nur die aktiven Gesprächspartner ihr Video aktiviert haben. Es unterhalten sich immer zwei Teilnehmer über den Artikel einer dritten Person.

Hier empfiehlt es sich, vorab einen Plan auszuarbeiten und die Gesprächsrunden zu moderieren. Beachtet, dass die Passanten den Artikel noch nicht kennen. Sie müssen also zunächst den Artikel gemeinsam lesen, was durchaus zu einer stillen Situation führen kann. Ich habe die Teilnehmer motiviert laut zu denken bzw. lesen, um frühzeitig ein Gespräch in Gang zu bekommen. Auch spontane Gefühlsreaktionen (“Genau der Meinung bin ich auch!”, oder “Wie haben die das umsetzen können?”) sind erwünscht.

Diese Übung ist das Kernstück der Moderationstechnik. Die Teilnehmer lesen den unbekannten Artikel einer dritten Person und müssen damit deren Standpunkt verstehen lernen.

Wichtig: der Beobachter hört aufmerksam zu und schaltet sich nicht in das Gespräch ein!

Es empfiehlt sich, die Erkenntnisse in einer strukturierten Art zu erfassen, wir haben die SWOT Matrix verwendet, aber auch RAID ist möglich.

Die Rückkehr

Sind alle Zeitungsartikel besprochen, reisen die Teilnehmer aus der Zukunft mit Doc Brown wieder zurück in die Gegenwart. Als Souvenir nehmen Sie die aufgeschriebenen Erkenntnise mit, die Sie nun auswerten können.

Reflektion

In einer Geprächsrunde extrahieren die Teilnehmer nun die wichtigsten Erkenntnisse aus der SWOT Analyse und leiten ggf. Aktionen ab, die mit den üblichen Priorisierungsverfahren (z.B. Punkte kleben) gewichtet werden können. Ich persönlich halte es aber für wichtiger, ein gemeinsames Bild zu entwickeln, als Aktionen erzeugen.

Abschluss

Als Abschluss der Futurespektive eignet sich eine Feedbackrunde, bei der die Teilnehmer Ihre Eindrücke zum Moderationsformat teilen können.

Fazit

Inbesondere der Perpektivwechsel wurde als sehr positiv von den Teilnehmern gewertet. Als Moderator benötigt Ihr etwas mehr Zeit für die Vorbereitung und auch während der Moderation ist es wichtig, den Kontext der Zukunft aufrecht zu erhalten, insbesondere wenn das Team zum problemorientierten Denken neigt. Die Zukunftszeitung eignet sich gut, wenn Ihr etwas Neues ausprobieren möchtet. Sie ist auch gut per Videokoferenz mit einem online Whiteboard ausführbar.